Geschichten vom Missionsfeld

Mai 2021

Indien: Die Wucht der Corona-Welle. Ein Zwischenruf.

Seit Wochen erschrecken uns die Zahlen, die wir aus Indien hören. Mehr als 300.000 Neuinfektionen alle 24 Stunden. EBM INTERNATIONAL unterstützt in Indien unter anderem das Christian Medical Center in Ludhiana. In diesem Krankenhaus arbeitet Dr. Santosh. Er gehört zum Vorstand unserer Missionsgesellschaft. Matthias Dichristin, Leiter des Bereichs Promotion und Fundraising, steht mit ihm in engem Kontakt. Von ihm hier ein persönlicher Zwischenruf zur Lage in Indien:

Jeden Tag hören wir davon, dass viele Tausend Menschen sterben. Die Bedingungen in Indien sind katastrophal: In unsere Köpfe brennen sich Bilder von Menschen ein, die auf der Straße vor den Krankenhäusern sterben. Leichen werden verbrannt und jegliche Würde und Anteilnahme am Leiden und Schmerz von Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen ist unmöglich.

Tausende Tote täglich. Eine furchtbare Alliteration, die sich festbeißt. Wie ein Hammer bereitet sie uns Kopfschmerzen. Sie lähmt. Wir können es nicht mehr hören. Diese Pandemie muss aufhören. Aber sie tut es einfach nicht – ganz im Gegenteil. In Indien sehen wir, wie erschreckend sie zuschlägt. Bereits im November 2020 hat Dr. Santosh in einer digitalen Vorstandssitzung von EBM INTERNATIONAL erzählt, dass in seinem Krankenhaus in Ludhiana 150 Menschen wegen Corona behandelt werden. Auch die indischen Behörden waren beeindruckt und ernannten die Klinik zum Corona-Kompetenzkrankenhaus in der Region. EBM INTERNATIONAL konnte mit der Hilfe des Katastrophenhilfefonds des BEFG einen Intensivpflegeplatz im Frühjahr 2020 fördern. Nochmal zum Nachlesen: Wie viele Intensivpflegeplätze? E-I-N-E-N. Ja, dadurch wurden Menschen gerettet. Aber ist das nicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein? Wer Ohren hat und hört, der weiß, dass ein Land mit 1,3 Milliarden Menschen nicht leicht durch diese Pandemie kommen kann. Das haben wir hoffentlich gelernt: ein Virus hält sich an keine Regeln. Nur die Mathematik, die Berechnungen der Zahlen, die Vorhersagen: sie stimmen leider mit erschreckender Härte.

Und nun ist sie in Indien: die zweite Welle. Wir wissen mittlerweile, welche zerstörerische Kraft Wellen haben. Jegliche Romantik für Wellenbewegungen ist uns abhandengekommen. Sie brechen mit Wucht über diese Welt hinein. Jetzt gerade über Indien. Dr. Santoshs eigentliche Arbeit sind hochkomplizierte Operationen. Menschen können danach wieder laufen und ihren Alltag bestreiten. Schwere Fehlstellungen verwandelt er mit unfassbarem chirurgischem Talent in Arme und Beine, die Menschen gebrauchen können, um ihren Alltag zu bestreiten. Dr. Santosh vollbringt Wunder und wir helfen ihm dabei, indem wir diese medizinische Hilfe mitfinanzieren. Doch unter der Wucht der Corona-Welle ist alles anders. In diesen Tagen berichtet er, dass alle Operationen und Behandlungen eingestellt werden mussten. Wegen Corona stehen die Menschen Schlange. Manche sterben vor der Klinik im Auto oder auf der Straße.

Im Telefonat höre ich aus seinem Mund, was ich in den Nachrichten sehe. Es stimmt tatsächlich. Von ausreichend Kapazitäten ist man in Ludhiana weit entfernt. Ich habe gehört, dass sie Geld von uns bekommen werden, um zusätzliches Pflegepersonal anzustellen. Ich erkundige mich nach der Lage. Zögerlich und wohlwissend, dass er sicher Besseres zu tun hat. Seine Antworten per WhatsApp kommen schnell und kurz: „Ja, wir brauchen dringend Hilfe!“. „Wir brauchen ein paar Dinge.“ „Die Sauerstoffversorgung ist knapp.“ „Wir könnten Sauerstoffzylinder kaufen.“ „Oder eine weitere Sauerstoffanlage installieren.“ „Ich habe viele Ideen.“ „Gibt es Menschen die Spenden?“

Jede seiner Nachrichten, jedes Bild, das er mir schickt, ist ein Stich ins Herz. Weil ich die Pandemie in Indien sowieso schon mit seinem Gesicht verbinde. Alle Menschen, die leiden und sterben, alle, die helfen haben ein Gesicht. Sie haben Namen. Es sind Pastoren, die wir unterstützen. Krankenhausdirektoren. Väter und Mütter. Nicht nur in Indien! Kolleginnen und Kollegen aus Kamerun und Brasilien. Aus Peru und Südafrika. Das Virus ist überall. Jede und jeder hat eine Geschichte. Die Nachrichten kommen uns hier im Missionsbüro in Elstal nah. Sehr nah. Eigentlich jeden Tag.

Der Regionalrepräsentant von EBM INTERNATIONAL in Indien, Dr. Judson, schreibt: „Ich hätte nie eine solche Situation erwartet. Diese zweite Welle ist kräftig. Die Menschen haben Angst. Nicht nur vor einer Infektion, sondern weil so ein großer Mangel herrscht. Zu wenig Sauerstoff und zu wenig Betten. Zu wenig Medikamente und Impfungen. Ich hätte nie eine solch dramatische Situation erwartet. EBM INTERNATIONAL ist großzügig und zahlt seit Monaten weiter die Projektförderungen aus.“

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Dr. Santosh können so weiter ihre Arbeit tun und zu Heldinnen und Helden der Pandemie werden. Und wir? Können wir streiten und diskutieren, jammern und schimpfen, Wahlkampf betreiben und auf die Politiker und Medien einschlagen? Was können wir tun? Wie beantworten wir die Frage von Dr. Santhosh: „Gibt es Menschen die spenden?“

Matthias Dichristin

 

Bitte betet für Dr. Santosh, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Christian Medical Center in Ludhiana und alle Projektpartner in Indien. 

Wir bitten um Spenden für die Corona-Hilfe in Indien: 

EBM INTERNATIONAL K.d.ö.R
SKB Bad Homburg
IBAN DE69 5009 2100 0000 0468 68
Verwendungszweck: Corona-Hilfe Indien 80090 

Auf unserer Webseite kann man hier schnell und sicher online spenden, beispielsweise per Kreditkarte, Paypal oder Sofortüberweisung.