Geschichten vom Missionsfeld

März 2025

Brasilien: Neue Lebensperspektiven auch für Erwachsene

Wer gerne backt oder kocht und sich in der Gastronomie selbständig machen möchte, eine Fortbildung im EDV-Bereich benötigt oder lieber ganz praktisch eine Ausbildung in der Schreinerei oder als Elektriker sucht, wird im Sozialzentrum in Diadema/Brasilien fündig. Die Einrichtung ist nicht nur für Kinder und Jugendliche eine beliebte Anlaufstelle, sondern bietet eine Vielzahl von Ausbildungsmöglichkeiten für sozialschwache Erwachsene an. Das gibt neue Hoffnung und Perspektive für ihr Leben.

Das Leben in Diadema ist nicht einfach. Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch, die Schulbildung dagegen sehr niedrig. Ein Grund dafür, dass so wenige einen Job finden oder sich mit einfachen Hilfsarbeiten über Wasser halten müssen. Dann genügt das Einkommen aber bei weitem nicht, um eine ganze Familie zu ernähren. Wo das Geld nicht zum Überleben reicht, steigen Kriminalität, Drogenhandel und Prostitution. Diadema, eine Satellitenstadt der riesigen Metropole São Paulo mit mehr als 400.000 Einwohnern, war über viele Jahre eine der gefährlichsten Städte Brasiliens. Die Situation hat sich verbessert. Aber immer noch bestehen 70% des Stadtgebiets aus Armutsvierteln, den sogenannten Favelas.

Wie so oft ist der Kreislauf der Armut schwierig zu durchbrechen. Wenn die Eltern nicht genügend Geld haben, um die Kinder in die Schule zu schicken oder die nötigen Schulmaterialien zu kaufen, wachsen die Kinder auf der Straße auf. Sie erhalten keine Bildung, kommen mit Kriminalität und Drogen in Kontakt und finden später genau deshalb keine Arbeit. Die Folgen sind Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, Alkoholsucht und Drogenmissbrauch. Die führen zu noch mehr Gewalt, Kriminalität und Armut.

Der Beginn des Sozialzentrums

Im Jahr 2000 hatte die Baptistengemeinde in Diadema gemeinsam mit der deutschen Baptistengemeinde in São Paulo die Vision, inmitten dieser Dunkelheit ein Licht der Hoffnung zu entzünden. Damals öffneten sie die Räume ihrer Gemeinde für 20 Kinder. Es sollte ein sicherer Ort für gefährdete Kinder sein, an dem sie sich körperlich, seelisch und geistig gesund entwickeln können. Das Sozialzentrum wurde für viele Kinder wie ein neues Zuhause, wo sie Wertschätzung, Liebe und Sicherheit erleben konnten. Gleichzeitig wurden sie in der Schule unterstützt oder motiviert, überhaupt wieder den Unterricht zu besuchen, und bekamen etwas Gesundes zu Essen. Die Mädchen und Jungen lernten Grundlagen über Hygiene, Selbstfürsorge oder wie gesunde zwischenmenschliche Beziehungen gebaut werden können. All das wurde verknüpft mit Gebet und Geschichten aus der Bibel, und allem voran mit der Guten Nachricht, dass sie Gottes wertvolle und geliebte Kinder sind.

Heute kommen mehr als 350 Kinder und Jugendliche regelmäßig in das Sozialzentrum. Es hat Klassenzimmer, Werkstätten, einen Garten mit Sportplatz, eine Großküche und eine große Aula. Trotz all ihres Engagements für die Kinder, haben die Mitarbeiter des Sozialzentrums festgestellt, dass ein grundlegendes Problem bestehen blieb: die Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, wenn sie wieder nach Hause und in ihre Familien kamen. Wenn sie wirklich nachhaltig den Kindern helfen möchten, dann müssen sie auch ihren Familien helfen, neue Hoffnung für ihr Leben zu finden. Simone Almeida, die Leiterin vom Sozialzentrum, sagt: „Meine Vision ist es, dass wir unseren Dienst auf andere notleidende Menschen in diesem Stadtteil ausweiten können und auch Senioren oder gehörlosen Menschen dienen und das Evangelium weitergeben können.

Hilfe auch für die Erwachsenen

So begann ein ganz neuer Arbeitsbereich mit vielen Herausforderungen. In Kooperation mit der Stadt, örtlichen Firmen und anderen Organisationen bauten die Verantwortlichen ein Berufsausbildungsprogramm für mittellose Menschen auf. Dazu stellten sie die Räume des Zentrums zur Verfügung. Eine gängige Berufsausbildung in Brasilien ist sehr teuer und es wird ein Schulabschluss vorausgesetzt. All das können die Menschen aus den Favelas nicht vorweisen, weshalb sie kaum Chancen auf einen guten Job haben. Im Ausbildungsbereich des Sozialzentrums bekommen sie nun die Möglichkeit, eine kostenlose Ausbildung zu erhalten - unabhängig von ihrem Bildungsstand.

Im letzten Jahr haben fast 900 Menschen am Programm teilgenommen. Es gibt Kurse im Bereich der Gastronomie, der Schreinerei, als Elektriker oder in der Schneiderei. Zusätzlich kann man einen Lehrgang zur Gründung von Kleinunternehmen belegen und dadurch ein eigenes Geschäft eröffnen. Das Angebot ist weitreichend und variiert jedes Jahr, je nachdem welche Dozenten von den Kooperationspartnern zur Verfügung stehen. „Die beliebtesten Kurse sind IT-Kurse, Kurse für Verwaltungsassistenten sowie Koch-, Konditorei- und Bäckereikurse“ berichtet Simone.

Nach Abschluss der Ausbildung erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat eines offiziell anerkannten Berufsbildungswerkes in Brasilien und haben damit sehr viel bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Manche machen sich selbständig und produzieren und verkaufen, was sie in den Kursen gelernt haben. Andere versuchen besser bezahlte Jobs zu finden. Häufig ist es der erste Schritt aus der langjährigen Arbeitslosigkeit herauszukommen. Diese Grundlage schenkt den Absolventen eine neue und bessere Lebensperspektive und befähigt sie, ihre Familien zu versorgen. So geschieht in Diadema echte Transformation.

Simone weiß, dass das Fundament dieser Arbeit und die Kraft zur Transformation aus ihrem Glauben und dem Vermitteln der biblischen Werte kommt. Die Kombination von Glaube, Liebe und Hoffnung hat die Kraft, die ganze Stadt zu verändern. Sie ist überzeugt: „Jesu Licht vertreibt die Dunkelheit. Je christusähnlicher ein Mensch ist, desto größer wird die soziale Gerechtigkeit, der Frieden, die Liebe zwischen den Menschen und die Freude am Leben sein.“

Aus einem Interview mit Simone Almeida

Simone Almeida ist Juristin und war von Anfang an Teil des Sozialzentrums. Seit 2008 leitet sie die Einrichtung.

Dieser Beitrag erschien zuerst im EBMI-MAGAZIN 2/2024