Geschichten vom Missionsfeld

November 2023

Indien: Eine neue Familie für Sunitha

Als junge Frau verliebt sich Sunitha (Name geändert) in einen Mann aus ihrem Dorf. Doch die frische Liebesbeziehung der beiden war unerwünscht. Sie gehörten unterschiedlichen Kasten an. Beide wollten heiraten und eine gemeinsam Zukunft aufbauen. Doch Sunithas Eltern verboten die Beziehung. Als sie dennoch heirateten, wurden beide von ihren Familien verstoßen.

Gefangene eines starren Systems

Das indische Kastensystem legt fest, welche Stellung eine Person innerhalb der Gesellschaft hat. Die Zugehörigkeit zu einer Kaste bestimmt sogar, in welchen Berufen man arbeiten darf. Eine Hochzeit über die Grenze der eigenen Kaste hinaus ist verboten und das, obwohl mit der Unabhängigkeitserklärung dieses Regelwerk vor über 70 Jahren außer Kraft gesetzt wurde. Die jahrelange Tradition wirkt dennoch weiter. Besonders in ländlichen Regionen. Sunitha und ihr Mann sind davon auch betroffen. Und sie leiden darunter sehr. Doch ihre Zuneigung zueinander wird dadurch nicht geringer. Im Gegenteil.

Allein und ohne Rückhalt

Entgegen aller Traditionen und äußerer Einflüsse heiraten Sunitha und ihr Mann. Sie lassen sich nicht von einem alten System beeinflussen. Doch die Eltern der beiden und die weitere Familie brechen schließlich den Kontakt ab. In ihren Augen gehören sie nun nicht mehr zu ihnen. Beide wussten, was sie möglicherweise riskieren und sind nun umso schockierter. Auch wenn sie selbst ihren Weg als den richtigen sehen, müssen sie nun damit leben lernen, keinen sozialen Rückhalt durch ihre Familien mehr zu haben. Das ist bitter. Sie sind jetzt auf sich allein gestellt. In den darauffolgenden Jahren konnten die beiden sich und ihre mittlerweile zwei Kinder nur sehr mühsam mit schlechtbezahlten Aushilfsjobs versorgen. Sie hätten nicht gedacht, dass das Leben so herausfordernd sein würde.

Neue Perspektiven

Als Pastor Vijender, Leiter der South Lallaguda-Gemeinde, von Sunithas prekärer Familiensituation hörte, besuchte er sie und bot ihr an, die Ausbildung zur Näherin bei ihm in der Gemeinde zu machen. Bereits 1992 startet die Gemeinde diverse soziale Projekte. die sich den hilfsbedürftigen Menschen in den ländlichen Regionen zuwenden. Ein Zweig ihrer Arbeit ist die Lydia-Nähschule, in der junge Frauen die Möglichkeit bekommen, eine Ausbildung zu machen. Viele dieser Frauen mussten die Schule abbrechen, da die Familie sich diesen „Luxus“ nicht mehr leisten konnte. Sunitha war dankbar und begeistert von dieser Möglichkeit und begann sofort mit ihrer neuen Ausbildung:

Als alle uns verstoßen und verlassen haben, sogar unsere eigenen Familien, war die christliche Gemeinde für uns da. Sie sind so freundlich und hilfsbereit und sind wie eine neue Familie für uns geworden. Wir preisen und danken Gott für diese Gemeinde und das Privileg bei ihnen diese Ausbildung machen zu können!“

Gerüstet für die Zukunft

Jetzt hat Sunitha gemeinsam mit fast 20 jungen Frauen ihre Ausbildung abgeschlossen und möchte in einer nahgelegenen Bekleidungsfabrik eine feste Anstellung finden oder sogar ihr eigenes kleines Geschäft zu Hause eröffnen. Ihr Leben und das ihrer kleinen Familie hat sich nun verändert. Die Gemeinde und Pastor Vijender sind ihnen zu einer neuen Familie geworden, die sie so annimmt wie sie ist. Bei der Abschlussfeier bekam Sunitha dann ihr lang ersehntes Zertifikat, das ihr den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung bescheinigt. Ihre Freude ist groß und stolz ist sie auch.

Außerdem bekam Sunitha eine eigene Nähmaschine überreicht, die größtenteils aus Spenden finanziert ist. Ihren eigenen Anteil darf sie nach und nach in kleinen Raten zurückzahlen – so wie es ihr möglich ist. So kann Sunitha mit einem festen monatlichen Einkommen von etwa 50 Euro ihre Familien besser versorgen und viel hoffnungsvoller in die Zukunft blicken als zuvor. Das lässt auch ihren Mann und ihre beiden Kinder aufatmen, denn auch sie werden es einst besser haben.

 

Frauen wie Sunitha fördern wir durch Spenden aus dem Bereich „Schulen und Berufsausbildung in Indien“. Hier geht es zum Online-Spendenformular:

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